Nebolus Fulda
Die Suche nach dem verlorenen Mädchen
Die 16-jährige Emma wird seit drei Tagen vermisst. Selbst ihr bester Freund Mike weiß nicht, wo sie steckt und was mit ihr passiert ist. Sie geht nicht ans Handy und auch ihr Vater weiß nicht, wo sie ist. Mike, als ihr bester Freund, macht sich große Sorgen um Emma und bittet die Jugendlichen um Hilfe Emma gemeinsam zu suchen. Mit dieser Ausgangslage wurden die Jugendlichen in der Nebolus-Rallye in Fulda konfrontiert und begaben sich dann, angeleitet durch Mikes Sprachnachrichten, auf die Suche nach Emma. Am 13. und 14. Oktober 2021 fand in Fulda die erste Nebolus Rallye statt!
GESUNDHEITSTHEMA
Psychische Gesundheit
SETTING
Lokale Jugendhilfe
RALLYEORGANISATION
Hochschule Fulda
VERANTWORTLICHE
Verena Krah, Demian Frank
ZEITRAUM
Oktober 2021
KONTAKT
info@nebolus.net
Einblicke in die Rallye
Tag 1
Nachdem Mike erste Hinweise erhalten hatte, wo Emma sich aufgehalten haben könnte, führten diese Spuren zu den jeweiligen teilnehmenden Einrichtungen in Fulda. Nach dem die Jugendlichen diese Stationen gefunden hatten, erhielten die Jugendlichen nach der jeweiligen Interaktion mit Mitarbeitenden der Fachstellen einen QR-Code, der nach dem Einscannen zu einer Sprachnachricht von Emma führte. Dabei erfuhren die Jugendlichen, dass Emma eine belastende Phase durchmachte: Das Verhältnis zu ihrer Mutter ist seit der Trennung der Eltern angespannt, mit der neuen Partnerin ihres Vaters versteht sie sich nicht und ihr Berufswunsch setzt sie selbst unter Druck, und nicht zuletzt machen ihr ihre verwirrenden Gefühle für ihren Schulreferendar zu schaffen.
Da Emma wusste, dass es so nicht weitergeht, hat sie sich Unterstützung gesucht. Erste Anlaufstellen waren das Sorgentelefon des Kinderschutzbundes und ein Beratungsgespräch bei pro familia. Dort sammelten die Jugendlichen Nachrichten von Emma und lernten dabei die Angebote der Einrichtungen kennen, ehe dann die Fährte ins Fuldaer Ostend führte, wo Emma den Jugendclub aufgesucht hat.
Tag 2
Am zweiten Rallyetag führten die Hinweise, die Mike den Jugendlichen mitteilte zunächst zur Caritas und zum Sozialdienst katholischer Frauen. Dort erfuhren die Jugendlichen von Emma, dass ihre Beziehung geheim zu halten und sie dort Unterstützung suchte, indem sie sich den Mitarbeiterinnen anvertraute und Tipps bekam, wie sie mit der Situation umgehen sollte. Im weiteren Verlauf führte die Rallye die Jugendlichen in die Jugendkulturfabrik, in welcher Emma nicht nur Gleichaltrige kennenlernte, sondern auch bei Bandproben anwesend.
Da die Familiensituation Emma weiterhin Sorgen bereitete, suchte Emma offensichtlich noch eine letzte Station auf: die Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche. Dort erhielt sie eine unterstützende Beratung, wie sie gemeinsam mit ihrem Vater, dessen neuer Partnerin und ihrer Mutter einen Weg finden kann, der eine Besserung der familiären Situation verspricht.
Welche Einrichtungen haben sich beteiligt?
Insgesamt acht Akteure des psychosozialen Hilfs- und Unterstützungsangebots aus Fulda haben sich aktiv an der Rallye als Stationen beteiligt. Die Jugendlichen konnten so in Interaktionen mit den Mitarbeitenden der jeweiligen Einrichtungen niedrigschwellig in Kontakt treten. Aufgrund dieser Anzahl an Stationen und der damit verbundenen Laufwege für die Jugendlichen, wurde die Nebolus Rallye in Fulda auf zwei Tage aufgeteilt. Die Akteure erhielten vor Start der Rallye einen groben zeitlichen Ablaufplan, sodass diese sich an einem Tag auf den Besuch der Jugendlichen einstellen konnten.
Wie liefen die Vorbereitungen zur Rallye?
Da das Projektteam der Hochschule Fulda für die Nebolus-Rallye in Fulda die Rolle des hauptverantwortlichen Akteurs übernommen hat, wurden Ende des Jahres 2020, die zum Thema der Rallye passenden Fuldaer Facheinrichtungen und -akteure aus dem psychosozialen Hilfs- und Unterstützungsangebot der Stadt vom Projektteam recherchiert. Im Anschluss daran wurden diese Fachakteure in Form eines Informationsschreibens sowohl auf direktem Wege über E-Mail als auch über den Amtsleiter des Amtes für Jugend, Familie und Senioren der Stadt Fulda kontaktiert. Nachfolgend wurden bilaterale Gespräche mit den einzelnen interessierten Einrichtungen geführt und Fragen bezüglich einer möglichen Beteiligung mit den jeweiligen Ansprechpartner*innen besprochen. Erfreulicherweise zeigten nahezu alle angesprochenen Einrichtungen großes Interesse an der Beteiligung an einer Fuldaer Nebolus-Rallye. Im Februar 2021 kam es zu einem ersten Online-Treffen von insgesamt zehn interessierten Einrichtungen aus Fulda. Aufgrund der Vielzahl an interessierten Einrichtungen wurde sich – trotz der ursprünglich als eintägig geplante Rallye – auf eine Aufteilung der Akteure bzw. Stationen auf zwei Tage verständigt. Die ursprüngliche zeitliche Planung der Rallye sah eine Durchführung im Frühling 2021 im schulischen Setting vor. Aufgrund der Corona-Pandemie musste jedoch entgegen der ursprünglichen Planung die Rallye auf den Herbst 2021 verschoben werden und außerhalb des Schulsettings stattfinden.Im Rahmen von insgesamt vier Online-Treffen fanden alle inhaltlichen Abstimmungen statt: es wurden sowohl die Inhalte der Story rund um Emma und Mike als auch die Interaktionen mit den Jugendlichen an den einzelnen Stationen (Einrichtungen) besprochen. Hierfür kamen die Akteure auch untereinander in einen regen Austausch. Für diese Treffen hat das Projektteam den Akteuren verschiedene Materialien zur Ideenfindung und konkreteren Gestaltung der Story-Inhalte sowie zur Planung der Interaktion zukommen lassen (alle Materialien erhalten Sie auf Anfrage). Diese Dokumente konnten die jeweiligen Akteure bis zur nächsten Sitzung bearbeiten und im Anschluss mit dem Projektteam als auch mit den anderen Akteuren teilen und besprechen. Das Projektteam der Hochschule Fulda stand den Fachakteuren während diesem Prozess beratend und unterstützend zur Seite, sodass nach dem dritten Treffen die Sprachnachrichten zu den einzelnen Akteuren sowie die konkreten Interaktionskonzepte aller beteiligten Akteure feststanden. Im vierten Treffen, welches eine Woche vor Start der Rallye stattfand, wurden alle organisatorischen Einzelheiten zu den beiden Rallyetagen besprochen und letzte Fragen geklärt.
Wie wurden die Jugendlichen angesprochen?
Die Ansprache der Jugendlichen erfolgte über die lokalen Jugendhilfe-Einrichtungen in Fulda sowie über Flyer, Presseartikel und Werbung auf den Social Media Kanälen von Nebolus (Instagram & Twitter). Die Altersgruppe wurde auf 12- bis 17-Jährige festgelegt. Alle Jugendlichen unter 16 Jahre wurden gebeten, das Einverständnis ihrer Eltern für die Teilnahme an der Nebolus Rallye einzuholen. Die Jugendlichen konnten sich entweder über die an der Rallye teilnehmenden Einrichtungen anmelden, in denen Anmeldelisten auslagen, oder selbstständig über die Website von Nebolus. Eine Anmeldung war sowohl als Einzelperson sowie als Gruppe mit bis zu fünf Personen möglich. Nach erfolgter Anmeldung, erhielten die Jugendlichen eine E-Mail mit den wichtigsten Informationen zum Treffpunkt, Informationen zum Download der App sowie den Rallyecode, der bereits vor dem ersten Rallyetag in die App einzugeben war, um die Einführung in die Geschichte hören zu können.
Wie lief die Umsetzung?
Der Startpunkt des ersten Tages der Nebolus-Rallye in Fulda war der 13. Oktober um 11.15 Uhr. Treffpunkt war ein zentral gelegener Platz in Fulda. Dort wurden die Jugendlichen durch das Projektteam in Empfang genommen, wobei eine Fahne mit der Aufschrift Nebolus auf den Treffpunkt aufmerksam machte. Nachdem alle Jugendlichen eingetroffen waren, wurden Personen ohne Teamzugehörigkeit einer Gruppe zugewiesen. Anschließend erhielten alle Teams eine kurze Einführung und bestehende Fragen zum Ablauf der Rallye wurden geklärt. Außerdem wurde jeder Gruppe ein Zettel mit einer „Notfallnummer“ ausgehändigt, die bei möglichen Schwierigkeiten (z. B. Gruppe kommt an einer Stelle der Rallye nicht weiter, technische Probleme) angerufen werden konnte. Mit kurzem zeitlichen Abstand zueinander wurden die Teams dann losgeschickt. Diese kurze zeitliche Verzögerung (ca. 5-10 Minuten pro Gruppe) wurde gewählt, um eine Entzerrung der Gruppen zu erreichen und den jeweiligen Einrichtungen genügend Zeit für die Arbeit mit jeder Gruppe zu ermöglichen. Je nach Planung der jeweiligen Fachakteure, wurden unterschiedliche Interaktionskonzepte in den Facheinrichtungen umgesetzt. Ziel jeder Interaktion war es, sowohl das Angebot der jeweiligen Einrichtungen auf niedrigschwellige und spielerische Weise zu vermitteln als auch die Dimensionen der Gesundheitskompetenz (Finden, Verstehen, Bewerten und Anwenden) zu adressieren. Beispielsweise hat eine Fachstelle ein Quiz mit den Jugendlichen durchgeführt, in dem die Jugendlichen mehr Informationen über das Angebot der Einrichtung erfahren haben, bei welchen Ansprechpersonen sie sich bei Bedarf melden können und an wen sich genau das Angebot der Einrichtung richtet. Alle Akteure hatten sich im Vorfeld mit der Story von Emma und Mike vertraut gemacht und auch während der Interaktion immer wieder Bezug darauf genommen, sodass Brüche zwischen der Rahmenhandlung und den Aktivitäten vor Ort vermieden wurden. Nach Abschluss des Quiz, erhielten die Teilnehmenden den einzuscannenden QR-Code und konnten dadurch eine nächste Nachricht von Emma und weitere Stationen freischalten. Für die Rallye Fulda wurden ebenfalls versteckte Stationen angelegt, die die Jugendlichen während ihrer Laufwege von einer zur nächsten Station entdecken konnten, sobald sie sich in einem definierten Radius befanden. Hier konnten die Jugendlichen zusätzliche Informationen zu Emma erfahren (bspw. wo sich Emma gerne in ihrer Freizeit aufgehalten hat). Nach circa 2,5 Stunden und vier Stationen sowie zwei versteckten Stationen später erreichten die Jugendlichen das letzte Ziel des Tages. Die Aktivitäten nahmen pro Station circa 15-20 Minuten ein. Am Vormittag des zweiten Rallyetags (14. Oktober) traf sich das Projektteam erneut mit den Jugendlichen. Wie auch am ersten Tag starteten die Gruppen zeitversetzt. An diesem Tag konnten die Jugendlichen insgesamt fünf Stationen und ebenfalls zwei versteckte Stationen entdecken. Nachdem alle Stationen des zweiten Tages nach circa drei Stunden durchlaufen waren, erreichten alle Gruppen den Treffpunkt.
Wie waren die Rückmeldungen?
Einzelne Rückmeldungen zeigten, dass die Jugendlichen Einrichtungen und Angebote kennenlernten, die für sie bis dahin unbekannt waren. Die teilnehmenden Einrichtungen teilten mit, dass die Rallye nicht nur ein tolle Gelegenheit bot, auf sich und ihre Angebote aufmerksam zu machen, für mehrere war es das erste Mal, die Angebote im Rahmen einer innovativen App zu präsentieren und auf diese Weise Jugendliche direkt ansprechen zu können. Zudem konnte die Rallye einen Teil dazu beitragen, die teilnehmenden Akteure etwas stärker zu vernetzen. Wir hoffen, dass sich dies auch langfristig bewährt und hieraus womöglich Kontakte für die Präventionsarbeit initiiert wurden.
Zugleich haben wir eine ganze Reihe an wertvollen Erfahrungen gesammelt von denen auch andere Kommunen bei einer Umsetzung von Nebolus profitieren können:
- Um möglichst größere Gruppen an Jugendlichen zu erreichen, ist es sinnvoll, Jugendliche in ihren lebensweltlichen Settings anzusprechen bzw. diese Settings aktiv miteinzubeziehen. Hier eignen sich vor allem Schulen, Vereine und Jugendclubs. Auf eine alleinige Ansprache über digitale Informationskanäle sollte ehr vermieden werden.
- Beteiligte Akteure möglichst frühzeitig einbinden, um gemeinsam zu überlegen, wie die Rahmenhandlung der Rallye mit den Aktivitäten vor Ort verbunden werden kann.
- den Austausch der beteiligten Akteure und Einrichtungen möglichst systematisch zu betreiben, um die Entwicklung eines abgestimmten Gesamtkonzeptes der Rallye zu ermöglichen.